ultramarin marine translations
ultramarin.online
nl        
de Friedrich-Wilhelm-Kanal  
en    
fr    
de
"Die Anregung zu dem ersten deutschen Scheitelkanal mit Kammerschleusen, dem Friedrich-Wilhelm-Kanal, der die Oder mit der Spree verband, ist von Ferdinand I. ausgegangen, um den schlesischen Handel nach Hamburg zu leiten. Er scheint diesen Plan zuerst im Jahre 1548 in Augsburg mit dem Kurfürsten Joachim II. besprochen zu haben. nachdem ihre Räte 1556 die Örtlich bei Frankfurt untersucht und die Verbindung der Schlaube mit dem Wergensee (Spree) als die passende Stelle befunden hatte, kam es 1558 in Müllrose zum Abschluß des betreffenden Vertrags. Der Kaiser übernahm die Ausführung des kostspieligeren Teils vom Wergensee bis Müllrose und der Kurfürst die Arbeiten im Schlaubetal bis zur Oder bei Brieskow. Der Bau wurde sofort begonnen und von kaiserlicher Seite kräftig gefördert ('Kaisergraben'). Die Arbeiten des Kurfürsten gingen aber langsam vorwärts, zum Teil aus Geldmangel, zum Teil wegen fehlenden Eifers. Namentlich nach dem Tode Ferdinands (1564) kamen im Jahre 1567 die Arbeiten zum Stillstand.

Für Brandenburg waren die Vorteile dieses Kanals damals nicht groß genug, zumal der Kurfürst eine andere Handelspolitik befolgte und ... den Handel seines Landes mit Stettin begünstigte. Unter seinem Nachfolger wurde der Handelsweg von Berlin nach Frankfurt [Oder] dadurch verbessert, daß oberhalb Fürstenwalde nach Erbauung der dortigen Schleuse die Spree durch einen kurzen Kanal mit dem Kersdorfer See verbunden wurde. An dem See legten die Frankfurter eine Niederlage an und der Landweg von dort bis Frankfurt betrug nur noch etwa 23 km, während von Fürstenwalde früher etwa 38 km zurückzulegen waren.

So ruhte der Kanalbau fast 100 Jahre lang, bis Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst, nach Beendigung des dreißigjährigen Krieges wieder an die Arbeit ging. Unterdessen hatten sich die Handels- und Verkehrsverhältnisse verändert und besonders die inzwischen entwickelte Elbeschiffahrt drängte den Kurfürsten zur Herstellung des Kanals.

Seit 1540 hatten sich die Brandenburgischen Kurfürsten gemeinschaftlich mit den Kaisern Ferdinand I. und Maximilian II. (wegen Böhmens) bemüht, die Elbeschiffahrt von den lästigen Fesseln der übermäßigen Zölle, Stapel- und Umladerechte zu befreien oder diese doch zu erleichtern. Aber Lüneburg leistete hartnäckigen Widerstand, und als die Hamburger eigenmächtig selbst bis Magdeburg vordrangen, erhöhte Lüneburg seine Elbzölle in Bleckede und Schnackenburg und ließ die Schiffe zuweilen gewaltsam anhalten, ausladen und die Waren nach Lüneburg bringen. Schließlich griff die kaiserliche Gewalt ein und die Schiffahrt wurde 1574 für frei erklärt. Abwärts von Magdeburg war sie es hinfort auch in Wirklichkeit und die Bedeutung dieser Stadt nahm dadurch namentlich für den Handelsverkehr nach dem Osten zu: schlesische und polnische Waren gingen hinfort oft über Land nach Magdeburg, ohne die Mark zu berühren.

Oberhalb Magdeburg war Dresden seit 1443 im Besitz des Stapelrechts. Der Handelsverkehr zwischen Dresden und Hamburg nahm allmählich zu und während des dreißigjährigen Krieges durchfuhren sächsische Schiffer sogar Magdeburg, ohne dessen Stapelrecht zu achten. Im Jahre 1666 fiel diese Stadt an den Kurfürsten von Brandenburg, der alle ihre Vorrechte und besonders auch das Stapelrecht bestätigte. Trotzdem entwickelte sich der unmittelbare Schiffsverkehr zwischen Dresden und Hamburg mehr und mehr und ein Teil des schlesischen und polnischen Handels bevorzugte den Weg über Dresden, indem der alte Weg durch die Mark Brandenburg aufgegeben wurde.

Der Kurfürst erkannte, daß nach Herstellung des Kanals zwischen Spree und Oder dieser Handel veraussichtlich wieder vollständig durch sein Land und über Berlin geleitet werden könnte, um so mehr als inzwischen auch die Schiffahrtverhältnisse auf der Oder sich seit jenem ersten versuchten Kanalbau wesentlich verbesser thatten. Nach dem oben erwähnten Vertrage von 1555, der 1567 und 1585 erneuert war, hatte der Verkehr zwischen Breslau und Frankfurt wenigstens zum Teil den unnatürlichen Landweg verlassen und war auf den Strom übergegangen. Auch die Fahrten von Stettin nach Breslau nahmen zu. Dazu kam, daß Ferdinand II. sich bei dem Brandenburgischen Kurfürsten sehr um die Freigebung des Stromes für die Breslauer Schiffer bemüht und trotz des Widerstandes der Stadt Frankfurt, die sich in ihrem Stapelrecht bedroht sah, auch erreicht hatte, daß im Jahre 1638 die bedingte und im Jahre 1657 die unbedingte Freiheit des Stromes auf je 10 Jahre bewilligt wurde. Infolgedessen war um die Mitte des 17.Jahrhunderts der Schiffahrtverkehr zwischen Frankfurt und Breslau schon recht bedeutend und die im Jahre 1648 von der Stadt Breslau an den Kurfürsten gerichtete Bitte um Herstellung des fraglichen Kanals wohl begründet.

Schließlich veranlaßte die Erbitterung gegen die Schweden und die Abneigung gegen die von jenen besetzte Stadt Stettin den Kurfürsten, mit dem Bau vorzugehen. Im Jahre 1653 wurde der Entwurf aufgestellt und 1662 unter Leitung des italienischen Ingenieurs und Kammerjunkers Philippe de Chiese mit den Erdarbeiten begonnen. Die Herstellung von 10 Schleusen und 6 Brücken wurde an den holländischen Schiff- und Mühlenbaumeister Michael Schmidts für 90000 Mark verdungen, der kurz vorher (1657) die neue Schleuse in Berlin gebaut hatte.

Im Herbst 1668 war der Kanalbau nahezu beendet und der erste Berater des Kurfürsten bei diesem Unternehmen, Michael Matthias, setzte sich mit einigen Hamburger und Breslauer Kaufleuten wegen der Einführung der Schiffahrt in Verbindung. Da an 8 bis 10 Stellen der Oder unterhalb Breslau die Matätschenrinnen in den Wehren nur eine Weite von 2,5 bis 3,5 m hätten und die breiten Hamburger Schiffe diese mithin nicht durchfahren könnten, erklärten sie es für zweckmäßig, wenn sowohl die Breslauer wie die Hamburger Schiffe nur bis Berlin gingen und durch umgeladen würden, wozu am Friedrichs-Werder besondere Räumlichkeiten angelegt werden sollten, was 1699 geschah (Packhof). Am 27.Februar 1669 fuhren die ersten 5 Oderkähne von Breslau ab und gelangten am 12 März nach Berlin.

Der vom Wergensee (Spree) bis Müllrose gegrabene Friedrich-Wilhelm-Kanal folgte von da aus im allgemeinen dem Schlaubefluß und mündete in den Brieskower See, eine etwa 3 km lange Seitenbucht der Oder. Die ganze Länge betrug etwa 24 km. Ursprünglich waren 13 Kammerschleusen und außerdem 2 Stauschleusen aus Holz errichtet worden, mit denen die 6,8 km lange Scheitelhaltung beiderseits abgeschlossen war. Auf die Spreetreppe entfiielen 2 und auf die Odertreppe 11 Kammerschleusen. Am Anfang des 18.Jahrhunderts, als man 5 Schleusen in Stein umbaute, wurden in der Spreetreppe 1 Kammerschleuse (die Buschschleuse oder Peitzische Schleuse), ferner die beiden Stauschleusen und in der Odertreppe 3 Kammerschleusen (bei Weißenberg, Wusterow und Hammer) beseitigt, wobei die Scheitelhaltung etwa 3 m tiefer gelegt und rund 10 km lang wurde. Sie begann dann bei Neuhaus am Wergensee, wo der gewöhnliche Wasserstand der Spree nur 0,80 m unter dem Kanalspiegel (N.N. + 40,8 m) liegt, während der gewöhnliche Wasserstand der Oder bei Brieskow sich 18,6 darunter befindet. Die Speisung des Kanals erfolgte vorwiegend durch Grundwasser. Seine Wasserspiegelbreite betrug 18,8 m und die Wassertiefe 1,9 m. Da im unteren Laufe der Schlaube sich mehrere Mühlen befanden, gab es wegen der Wasserbenutzung viele, langjährige Streitigkeiten.

In den Jahren 1827 bis 1868 wurde eine gründliche Verbesserung des Kanals vorgenommen, wobei alle Schleusen durch neue Bauwerke von Stein nach dem Muster des Finowkanals ersetzt wurden, die bei einer nutzbaren Kammerlänge von 40,5 m und einer Torweite von 5,3 m je 2 Schiffe von Finowmaß (40,2 m lang, 4,6 m breit  und 1,4 m tiefgehend) aufnehmen konnten. Bei Weißenberg wurde ein Denkmal errichtet.

Als 1887 bis 1891 die neue Spree-Oder-Wasserstraße hergestellt wurde, legte man den Kanal Flutkrug-Fürstenberg auf der Strecke von der ehemaligen Buschschleuse bis Schlaubehammer (11,8 km) in das Bett des alten Friedrich-Wilhelm-Kanals, dessen Wasserspiegelhöhe in der Scheitelhaltung beibehalten wurde. Dabei wurde die Schleuse Müllrose beseitigt und die Strecke von der Buschschleuse bis Neuhaus als Speisekanal benutzt. Von Schlaubehammer bis Brieskow besteht der alte Kanal mit 7 Schleusen noch heute."

Oskar Teubert, Binnenschiffahrt, Band 1, 1912, S.37ff.