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"Schon bei der Gründung der Niederländischen Gesellschaft [1824] hatte die Kölnische Handelskammer die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Schleppbetriebs erwähnt. Doch wollten die Schiffer nicht einmal auf der holländischen Stromstrecke sich darauf einlassen, wo bis Lobith aufwärts (nahe der preußischen Grenze) kein Leinpfad vorhanden war. Schon 1825 wurde dort der Versuch gemacht; aber damals war der Rheinverkehr so gedrückt, daß die Schiffer den Zeitgewinn für wertlos erklärten, da sie bei der Rangfahrt doch nur je eine Fahrt jährlich zwischen Köln und Rotterdam machten. Dennoch baute die Niederländische Gesellschaft ein kräftiges, zum Schleppen geeignetes Schiff, den 'Herkules', der 1829 in Dienst trat.

Der Dampfer war etwa 53 m lang und 7,3 m breit, über den Radkasten 14,6 m. Die Räder hatten 7,3 m Durchmesser. Die beiden Maschinen von 80 und 100 Pferdestärken sollen zusammen 240 t gewogen haben, so daß auf dem Schiffe kaum noch Platz zur Mitführung einiger Frachtgüter war. Die Kosten betrugen etwa 312.000 Mark.

Später (nach 1839) schleppte er gewöhnlich von Rotterdam 4 bis 6 Lastschiffe mit zusammen 250 bis 350 t bis Emmerich. Dort wurde der Zug geteilt und in zwei Hälften nach Düsseldorf und Köln gebracht.

Die Schifferbevölkerung begrüßte die Einführung der Dampfschiffe keineswegs mit Freuden. Bei der Gründung der preußisch-rheinischen Gesellschaft beschwerte sich sogar die kölnische Schiffergilde bei Könige (allerdings vergeblich) über den von den Kaufleuten als Aktionären zu erwartenden Wettbewerb, worin sie eine Beeinträchtigung ihrer Recht erblickte. Aber solange noch die Gilden bestanden und der Schleppbetrieb nicht eingeführt war, blieb die Einwirkung des Dampferverkehrs im allgemeinen unerheblich.

...

Der Dampfschleppbetrieb wurde zuerst auf der holländischen Stromstrecke eingeführt. Holland hatte bei der Vereinbarung der Schiffahrtsakte die Herstellung eines Leinpfads an der Waal bis Rotterdam versprochen und  es stellte sich bald heraus, daß dies kaum möglich war. Auf Drängen der preußischen Regierung pachtete daher die holländische Regierung von der niederländischen Gesellschaft einige geeignete Dampfer und ließ 1833 die Rangschiffe (die allerdings vorwiegend holländischen Schiffern gehörten) für den Preis des Pferdezugs von Rotterdam nach Lobith und Emmerich schleppen. Sie mußte dabei eine beträchtliche Summe zulegen. Die niederländische Gesellschaft beschafft außer dem genannten 'Herkules' bis 1838 noch zwei andere kräftige Schlepper.

In Preußen war die Regierung anfangs (1839) der Meinung, daß man den Schleppbetrieb nicht den Privatunternehmen überlassen könne, wollte aber nicht allein den dazu erforderlichen Zuschuß, auf den man bestimmt rechnete, hergeben. Später stellte der Oberpräsident der Rheinprovinz den bestimmten Antrag, eine staatliche Schleppfahrt einzurichten; aber man kam in Berlin zu keinem Entschluß. Auf Anregung Camphausens wurde darauf in Köln im Jahre 1841 eine Schleppschiffahrtsgesellschaft gegründet, die nicht nur das Schleppen der Segelschiffe, sondern auch die Beförderung von Waren in eigenen Schiffen übernehmen sollte.

Unterdessen war die niederländische Gesellschaft in derselben Richtung tätig gewesen und brachte in diesem Jahr das erste eiserne Lastschiff auf den Rhein. Es war 54,9 m lang, 7.3 m breit, 3,3 m hoch und hatte bei 1,14 m Tauchtiefe eine Tragfähigkeit von 244 t. Es wurde in 38 Stunden von Rotterdam nach Köln geschleppt. Das war ein bedeutender Fortschritt.

Im Jahre 1842 nahmen beide Gesellschaften den regelmäßigen Betrieb auf: Die holländische schleppte im ganzen 8008 t, die kölnische 7000 t. Im nächsten Jahre überflügelte die letztere die erstere und schleppte 33.238 t, während die holländische nur 7.473 t beförderte.

In Mainz bildete sich 1842 eine gleiche Gesellschaft und eröffnete den Betrieb nach Straßburg. Alle drei Gesellschaften verkehrten auf dem ganzen Rhein, die niederländische namentlich von Rotterdam bis Mannheim. Dort waren die Beurtleute so verständig, sich der neuen Zeit anzupassen, kauften 1843 einen Dampfer und verwandelten die 'Rangschiffahrtsgenossenschaft' in die Mannheimer Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft'. Die Zahl der Teilnehmer wurde auf 30 festgesetzt.

In den nächsten Jahren entstanden weitere Gesellschaften für Schleppbetrieb in Frankfurt (1845), Ruhrort und Düsseldorf (1846).

Dazu trat eine andere Neuerung: die Kohlenbergwerksbesitzer Matthias Stinnes in Mülheim a.d.R. und Franz Haniel in Ruhrort fingen an, ihre Kohlen in eigenen Schiffen mit eigenen Schleppdampfern zu befördern und der erste ließ sogar einen Schleppdampfer bauen, der 10 Schiffe mit 2000 t bergwärts brachte. Die Ruhrkohlen wurden damals aus Holland durch die belgischen Kohlen mehr und mehr verdrängt und der Hauptabsatz mußte bei der Bergfahrt gesucht werden. Die alten Kohlenschiffer wurden durch diesen Großbetrieb beiseite gedrängt.

Der lange gehegte Groll der Schiffer und besonders der Treidler (Pferdehalten) gegen den Dampfschleppbetrieb ging in dem unruhigen Jahre 1848 schließlich in offene Gewalttätigkeit über. Bei Mainz und bei Weißenthurm (nahe bei Neuwied) wurden die Schleppdampfer regelrecht beschossen. An den letzteren Ort mußte zur Unterdrückung des Unfugs sogar eine Kompagnie Soldaten gesandt werden. In Köln kam es namentlich bei einer großen Versammlung der rheinischen Segelschiffer zu stürmischen Auftritten. Es wurde eine Eingabe an die in Frankfurt tagende Nationalversammlung gerichtet und um Schutz gegen das Kapital und die Geldaristokratie gebeten. Der Fünfziger-Ausschuß beschloß, eine Kommission nach Köln zu senden, um die gewaltsam gestörte Freiheit der Schiffahrt wieder herzustellen. Die in Koblenz gepflogenen Verhandlungen zwischen den Vertretern der Schleppgesellschaften und der Segelschiffer hatten wenig Erfolg. Die erstere versprachen neben anderen weniger wichtigen Dingen nur, daß einstweilen die Kohlenschlepper und Kohlenschiffe sich der Beförderung von Handelsgütern enthalten sollten, und daß sie die Zahl der Dampfer und Lastschiffe einstweilen nicht vermehren würden. Bei der eingetretenen Stockung von Handel und Verkehr hatte das nichts zu bedeuten.

Die Gesellschaften besaßen damals 25 Schleppdampfer, 102 eiserne und 400 hölzerne Lastschiffe, die mit 2804 Mann besetzt waren. Außerdem gab es nur 61 deutsche Rheinsegelschiffe mit zusammen 15.000 t Tragfähigkeit, wozu noch etwa 700 Schiffer von der Mosel, 166 von der Lahn, 100 vom Main usw. zu rechnen waren und schließlich noch etwa 500 holländische Schiffer.

Es ist bemerkenswert, daß auch die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt um die Mitte des Jahres 1848 es für nötig erklärte, der weiteren Vermehrung der Schleppdampfer entgegenzutreten. Aber schon in ihrem nächsten Jahresbericht stellte sie fest, daß das Schleppen der Segelschiffer allgemeiner würde, da die Gesellschaften ihre Preise so ermäßigt hätten, daß sie die Pferdekraft unterboten. Der Schlepplohn je t fiel etwa von 1845 bis 1850 für die Strecke Rotterdam-Köln von 4,8 M auf 3,6 M. und für die Strecke Köln-Mannheim von 3,5 M auf 2,9 M. Auf dem Mittelrhein hörte die Pferdetreidelei schon um die Mitte der fünfziger Jahre auf. Mit dieser Veränderung der Fortbewegung hob sich die Bedeutung und der Wettbewerb der Einzelschiffer (Partikulierschiffer)."

Oskar Teubert, Binnenschiffahrt, Band 1, 1912, S.96ff.