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nl stuurgerei
stuurinrichting
     
de Ruderanlage
Rudergeschirr
 
en steering gear  
fr appareil à gouverner
appareil de gouverne
 
es aparato de gobierno      
it macchina del timone      
de
Man unterscheidet zwischen hölzernen Ruder und solchen aus Eisen. Die Aufgabe ist für beide die gleiche: das Lenken des Schiffes während der Fahrt oder - beim ruhenden Schiff - durch den Strom.

Das Ruder in seiner einfachsten Form ist ein langer Riemen oder Streichruder. Ruderblatt, -schaft und -pinne bilden darin eine Einheit. Die Pinne ist lediglich die Verlängerung des Blatts, das vom Deck des Hinterschiffs aus in seinem Lager sowohl seitlich hin und her als auch auf und ab bewegt werden kann. Damit verfügt solch ein einfacher Riemen schon über die wesentliche Funktion eines Ruders, das den Strom seitlich ablenkt und diese Energie mittels der Lagerung auf den Schiffskörper überträgt. Durch die zusätzliche Beweglichkeit des Ruders in der Vertikalen läßt sich zusätzlich die Hebelwirkung des Ruders verändern, wodurch sich nicht nur der Kraftaufwand des Rudergängers, sondern auch der Wirkungsgrad des Ruders selbst durch Heben und Senken des Blatts erhöhen und vermindern läßt.

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Die moderne Ruderanlage entwickelt sich aus dem einfachen Riemen-Ruder. Die Entwicklungsgeschichte der  modernen Ruderanlage ist somit die Geschichte einer zunehmenden konstruktiven Verselbständigung der einzelnen Formelemente hinsichtlich der ihrer verschiedenen Funktionen.

Die Entwicklung der Ruderanlage läßt sich in vier Abschnitte unterteilen:

  1. das einfache Senkruder
  2. das feste Ruder aus Holz (erlaubt die Übertragung größerer Kräfte)
  3. das feste Ruder aus Eisen (erlaubt die Mechanisierung des Steuergetriebes)
  4. die mechanische Ruderanlage der Motorschiffe (erlaubt die Anpassung an den Schraubenstrom)

Nach Darstellungen auf Stadtsiegeln gibt es ein festes Hecksteuerruder ungefähr seit Mitte des 13.Jahrhunderts. Bis dahin besaßen Schiffe ausschließlich Senkruder, die sich nur am Oberrhein bis ins 18.Jahrhundert gehalten haben, wo Segelschiffahrt kaum verbreitet war und feste Ruder im seichten Wasser leicht abzureißen drohten.

Das feste Ruder bedeutet zwar noch keine Trennung von Pinne und Blatt. Es erlaubt aber das Steuern größerer Schiffe bei größerer Geschwindigkeit zum Wasser, weil es größeren Kräften standhält. Um diesen Kräften gewachsen zu sein, bewegt der Steuermann das Blatt über eine Pinne, die wie ein Hebel auf das Ruder wirkt und um so leichter zu handhaben ist, je länger sie ist. Solche Hebelkonstruktionen findet man bei mitteldeutschen Schiffstypen noch bis in die zweite Hälfte des 20.Jahrhunderts, wenngleich das Ruder über Drähte und Umlenkrollen mit einem Steuerrad bewegt wird.

Obwohl die drei Elemente des Ruders in Aufbau und Form aufeinander abgestimmt sind, besteht insbesondere beim Ruderblatt auf der einen sowie beim Steuermechanismus auf der anderen Seite ein gewisser Spielraum, um den Erfordernissen der Schiffstypen gerecht zu werden. Dabei spielt die Wahl des Materials - Holz oder Stahl - praktisch keine große Rolle, zumal Holzkonstruktionen mit zunehmenden Anforderungen schwerer ausfallen, so daß Eisen- und Stahlkonstruktionen dem Konstrukteur größere Gestaltungsmöglichkeiten bieten.

WippruderDas letzte, auf den Gewässern östlich der Weser verbreitete Holzruder ist das Wippruder (Hakenruder) das man als Schweberuder bezeichnet, wenn ein Teil des Ruderblatts ('Steuerdiele') sich vor dem Ruderschaft befindet. Man nennt dieses Ruder dann auch Balanceruder. Sein Vorteil besteht darin, daß sich beim Ausdrehen des Ruders die Kraft, die mit dem Teil des Blatts hinter der Drehachse praktisch gegen den Strom aufgebracht werden muß, durch den Druck ausgeglichen wird, die die Strömung auf den vorderen Teil des Blatts ausübt. Diese Kraft unterstützt den Rudergänger beim Ausdrehen des Ruders. Das Schweberuder balanciert außerdem mit dem Rudernagel, der durch das Helmholz geführt wird, auf dem Heck und entlastet so die Drehachse von den , Kräften, die das Ruder durch sein Gewicht quer zur Drehachse ausübt. Zwar fängt der Auftrieb des hölzernen Blatts einen Teil des Gewichts auf und auch die Führung des Rudernagels im Nagelloch sorgt für verhältnismäßig leichte Beweglichkeit. Dennoch wird das Schiff sofort steuerlos, wenn der Rudernagel bricht. Zusätzlich zu den Nachteilen, die jede lange Ruderfläche beim Manövrieren im Hafen mit sich bringt, stellt das Helmholz, wenn es sich unkontrolliert bewegt, eine Gefahrenquelle für die Besatzung dar.

Aus diesen und anderen Gründen ist man daher dazu übergegangen, Schiffe nur noch mit festen, eiserne Schiffe nur noch mit eisernen Rudern auszustatten, die entweder außenbords am Hintersteven angebracht sind - wenn das Heck nicht übergebaut ist - oder unter dem Heck mit einem Schaft, der zum Deck durchgeführt wird. Ruder, die außenbords angebracht sind, findet man heute noch bei älteren Spitzen, unter denen sie recht verbreitet waren.

gif"Eiserne Steuerruder wurden am Rhein gleichzeitig mit den eisernen Schiffskörpern eingeführt und haben sich zu einer guten einheitlichen Form entwickelt, wie sie in Bild 197 für ein Schiff von 1800 t Tragfähigkeit dargestellt ist. Der Rahmen des Ruderblatts ist mit dem Ruderschaft zusammengeschweißt und hat bei großen Schiffen noch einen bis drei wagerechte Stege, die gleichfalls eingeschweißt sind. Auch der Rahmen selbst wird aus 2 bis 3 Stücken zusammengeschweißt und wird beiderseits mit Blechplatten belegt, die mit durchgehenden Nieten befestigt werden. Der Zwischenraum wird durch geteertes Fichtenholz ausgefüllt. Neuerdings wird auch der Bau des Ruderblatts dadurch vereinfacht, daß man nur eine rund 15mm dicke Blechplatte anordnet. Um die Fläche des Blatts und damit sowohl seine Wirksamkeit als auch die zur Bewegung des Ruders erforderliche Kraft nach Bedarf zu verändern, benutzt man Schieber, die entweder auf Rollen waagerecht verschieblich sind oder senkrecht aus ihren Führungen herausgezogen werden können."(O.Teubert, Binnenschiffahrt, S.478)

Anfangs wurde das Ruderblatt mit Fingerlingen in Ösen eingehängt, die am spitz auslaufenden Heck unterhalb des übergebauten Decks dafür vorgesehen waren. Später begnügt man sich mit einem Spurzapfen, der in der Hacke auf einer abgerundeten, gehärteten Stahlplatte steht. Zur Sicherheit umschließt man die Rahmenstange des Ruderblatts mit einer Schelle. Sie gibt dem Ruder beim Bruch des Spurzapfens Halt. Nach oben läuft der Schaft durch den Koker bis auf Deck, wo er in einem Lager geführt wird, das mit Schraubbolzen am Deck und den Deckbalken befestigt ist. Über dem Lager ist der Schaft als Nabe für einen Zahnkranz (Quadrant) ausgebildet, der in das Getriebe der Rudermaschine greift, die das Ruder bewegt.

gifMit der Verbreitung des Motorschiffs wird das Ruderblatt kleiner,  da die Wirksamkeit des Ruders von der Geschwindigkeit abhängt und die Motorschiffe für größere Geschwindigkeiten ausgelegt sind. Darüberhinaus liegen die Ruder im Schraubenstrom, der einen weitaus höheren Druck erzeugt als der Fahrstrom. Um diesem Druck standzuhalten, wird das Blatt als Hohlkörper konstruiert, der wiederum eine strömungsgünstige Form erhält; schließlich soll das Blatt bei Geradeausfahrt möglichst geringen Widerstand bieten. Die Lagerung des Ruders in einem Hacken, die das nebenstehende Oertz-Ruder noch aufweist, fällt zugunsten einer schwebenden Aufhängung unter den Hintersteven weg. Um die Gesamtruderfläche bei kleineren Blättern dennoch zu vergrößern, baut man Ruderanlagen mit zunächst zwei, später sogar mit drei (Hitzler-Ruder) und mehr Blättern (für Mehrschraubenschiffe), die den Vorteil besitzen, daß sie einen Kanal bilden, der den Schraubenstrom lenkt.

Während man also mit kleineren Ruderblättern fast die gleiche Fläche erzielt, wie bei dem einfachen Ruderblatt der Schleppboote und -kähne (deren Ruderblätter einerseits verkürzt, andererseits in ihrer Fläche erhalten oder vergrößert werden, indem dem Hauptruderblatt seitlich in gewissem Abstand zwei kleinere Blätter hinzugefügt werden, die mit einem Gestänge verbunden sind), ist die Kraft beträchtlich, die der Rudergänger beim Wenden aufbieten muß, wenn er das Ruder bei voller Maschinenleistung auszudrehen hat.

Schon beim Wippruder der Elbe- und Oderschiffe erleichtert ein einfacher Mechanismus die Arbeit des Schiffsführers: Drähte an beiden Seiten des Helmholzes laufen über Rollen zu einer Ruderwinde, die der Fahrzeugführer mittels eines aufrecht stehenden Steuerrads bedient. Mit jeder Bewegung des Rads in die eine oder andere Richtung verkürzt sich der Draht in der einen entsprechend um die Länge, um die er in der anderen zunimmt. Trommel und Steuerrad bilden ein einfaches Getriebe, das den Kraftaufwand herabsetzt. Auf den Rheinkähnen mit ihren festen, eisernen Ruderanlagen bildet der Quadrant des Schafts, der die Funktion der Pinne übernimmt, ein Getriebe mit einem zweiten 180o-Zahnrad. Dieses Zahnrad mit kleinerem Durchmesser als der Quadrant sitzt unten auf der Königstange, einer Achse von rd 80mm Durchmesser, die senkrecht zum Steuerrad führt. Für den Fall eines Zahnbruchs verfügt das Getriebe sowohl über zwei Quadranten als auch über zwei Ritzel, die auf ihren Naben sitzend übereinander angeordnet sind, wobei jedoch das obere der beiden Ritzel, auf der Nabe vertikal verschiebbar, ebenso wie der obere Quadrant auf dem Schaft leer mitlaufen. Bricht ein Zahn dieser aus Rotguß, Phosphorbronze oder Stahlguß gefertigten Zahnräder, löst der Rudergänger einen Hebel, und das obere Ritzel senkt sich auf der Achse hinab und klinkt sich in den oberen Quadranten ein.

Der Steuerstuhl der Rheinkähne ruht etwa 75 cm über dem Deck auf einer Steuerbrücke aus Eisenblech. 90 cm über dem Holzfußboden liegt das schmiedeeiserne Haspel, das einen Durchmesser von 2,75 m hat und über ein beträchtliches Gewicht verfügt. Eine Bremsscheibe auf der Königstange sowie ein Bremshebel im Steuerhaus bilden eine Bremse, um das Ruder festzustellen. Schutz gegen Sonne und Regen bietet ein Zelt, das bis zur Wohnung ausgedehnt werden kann.

Abgesehen davon, daß das liegende Rad einen großen Ruderstuhl erfordert, der auf dem Hinterschiff Platz für Anker- und Verholwinden und andere Aufbauten wegnimmt, birgt das schwere Rad, wenn es sich es sich im Raum bewegt, eine gewisse Gefahr für diejenigen, die sich im Steuerstuhl aufhalten. Das aufrecht stehende Rad bietet überdies den Vorteil, daß sich auf seiner horizontalen Achse zwei Räder anbringen lassen, so daß mehrere Kräfte gleichzeitig das Ruder führen können, etwa das abgeladene Schiff mit vollständig eingetauchtem Ruderblatt gewendet werden muß. Trotz seines Nachteils, daß ein stehendes Rad die lichte Höhe des Fahrzeugs vergrößert, und die Fahrt auf Gewässern mit niedrigen Brücken behindert, bietet es doch genügend Vorteile, daß es sich letztlich zusammen mit einem festen Steuerstuhl durchsetzt, dessen untere Hälfte aus Eisen, dessen obere Hälfte aus Holzrahmen mit Glasfenstern besteht, die ebenso, wie das Steuerrad für die Kanalfahrt zur Seite geklappt und abgebaut werden können.

Die Auflösung von Ruderblatt, -schaft und -pinne in eine Ruderanlage erlaubt es den Konstrukteuren, nahezu frei über die Position des Ruderstuhls zu verfügen. Während er auf den Kähnen hinten, fast über dem Ruderschaft steht, befindet er sich auf den Räderbooten mittschiffs zwischen den Kesselanlagen und den Schaufelrädern und auf den Motorschiffen vor der Wohnung, die über dem Maschinenraum liegt. Transmissionen aus Drähten, Ketten oder Wellen überwinden in der Horizontalen wie in der Vertikalen praktisch jede Distanz zwischen dem Quadranten und dem Steuerrad. Eine geteilte Königstange erlaubt es außerdem, den Ruderstuhl - der auf Motorschiffen, deren Hinterschiff wegen der Maschine einen größeren Leertiefgang hat als ein Schleppkahn - bei Bedarf abzusenken.