ultramarin marine translations
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nl Oderschip   houten schip varend op de Oder  
de Oderkahn hölzernes Oderschiff mit Kaffen/Steven
en Oder barge a wooden vessel designed for navigation on the Odra river;
fr chaland de l'Oder  
de

zeichnung - tekening - drawing - dessin

Das hölzerne Oderschiff mit Kaffen war bisher unter dem Namen 'Oderkahn' auf allen östlichen Wasserstraßen von der Saale bis zum Memelstrom verbreitet. Seine Abmessungen überschreiten in der Regel nicht das Finowmaß [40,2 m lang und 4,6m breit, oder nach Berliner Maß, 46,6m lang und 6,6 m breit]. Die Seitenhöhe beträgt 1,6 m bis 1,9 m und die Tragfähigkeit 100 t bis 150 t. Der Oderkahn unterscheidet sich von der Zille in der Form besonders durch die feinere, schnabelähnliche Ausbildung der Kaffen, die in der Regel aus sorgfältig gebogenen, eichenen Hölzern hergestellt werden.

Es wurde nach Finowmaß gebaut. Die nach Finowmaß hergestellten haben eine Tragfähigkeit von 210 bis 235 t bei einer Tauchtiefe von 1,6 bis 1,8 m; zuweilen bis zu 250 t."

Die Bauart ist im ganzen eine viel bessere und kräftigere. Zu den gewachsenen Knieen (Spanten) zu der untersten Bordplanke, der 'Bruhne', sowie zu den obersten, 'Riesbord' und 'Latte', wird in der Regel Eichenholz verwendet. Die übrigen Teile mit Ausnahme des fichtenen Bodens sind aus gutem Kiefernholz hergestellt.

Der vordere, hoch aufragende Kaffenklotz ist zum Umklappen eingerichtet, wodurch die Länge und unter Umständen auch die Höhe des Schiffes bei der Durchfahrt durch Schleusen u.dgl. verringert werden kann. Die meisten Oderkähne sind mit gutem losem Bretterdeck (Spitzdeck), Zollverschluß-Einrichtung und innerer Wandverkleidung versehen, weil sie in der Regel zur Beförderung wertvoller Waren benutzt werden. Die Raumeinteilung und die Anordnung der Bordgänge sowie des Wippruders ist dieselbe wie bei den Zillen. Die Oderkähne werden mit Lehnung und starkem Sprung im Boden gebaut. Sie sind zum Segeln bestimmt und führen einen großen Mast mit Sprietsegeltakelung, der durch Mastenkrane oder andere Schiffe mit stehendem Mast gehoben und eingesetzt ('gestochen') werden kann. Für die Fahrt auf den Kanälen haben sie außerdem einen zweiten, leichteren Mast, der für ein kleineres Segel bestimmt ist und ohne Mastenkran mittels Scherzeug von der Schiffsmannschaft allein bewegt werden kann. Infolge der vielen in neuerer Zeit erbauten Brücken über die Wasserstraßen und wegen der Schwierigkeit, den großen Mast zu heben, ist dieser allmählich ganz außer Gebrauch gekommen, zumal auch die Oderkähne jetzt meistens durch Dampfschiffe auf den Flüssen geschleppt werden. Der Leertiefgang eines gedeckten, festgebauten Schiffes beträgt etwa 35 cm, die Lebensdauer 20 Jahre. Die Steuerfähigkeit ist ziemlich gut, aber beim Schleppen rufen die Kaffen einen beträchtlichen Widerstand hervor. In den Abb. 47 bis 49 sind das Vorschiff und der Querschnitt eines etwas anders gebauten Kaffenkahns dargestellt. Beachtenswert ist, daß die Bruhne mit dem oberen anschließenden Plankengang nicht bündig sondern 'klinker' gebaut ist. Dadurch wird auch die Form der Kaffe eine andere.

Da das Bestreben der Schiffer in neuerer Zeit dahin geht, die Schleusenabmessungen durch völlig gebaute Schiffe möglichst auszunutzen, werden jetzt keine Oderschiffe mehr mit Kaffen gebaut: Diese Schiffsform wird also bald verschwunden sein."

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"Das hölzerne Oderschiff mit Steven verkehrt auf denselben Wasserstraßen wie der vorbeschriebene Oderkahn. Seit etwa 50 Jahren ist man bemüht, den Bug der Oderschiffe völliger zu gestalten, indem man einen Vorsteven anordnet, der meistens gerade und senkrecht, zuweilen auch etwas gekrümmt oder nach vorne geneigt gestellt wird. Auch am Heck ist die Kaffe allmählich fortgefallen und dafür ein Hintersteven angebracht, der ebenso wie die frühere Kaffe stark nach außen geneigt ist, damit das Wippruder mit seinem vorderen Teile darunter Platz findet. Durch die Zuspitzung des Bodens im Hinterschiff erreicht man einen gleichmäßigeren Zutritt des Wassers zum Ruderblatt und damit eine Verbesserung der Steuerfähigkeit. Die hölzernen Oderschiffe mit Steven ('Stevenkahn') werden in der Regel entweder nach Finowmaß, 40,2 m lang und 4,6 m breit, oder nach Berliner Maß, 46,6 m lang und 6,6 m breit, gebaut. Das letztere für den Verkehr in den Berliner Schleusen passende Maß verschwindet jetzt aber, da es nach der Erbauung der Mühlendammschleuse keine Bedeutung mehr hat.

zeichnung - tekening - drawing - dessinAbb. 50 zeigt ein offenes Oderschiff mit Steven nach Berliner Maß mit 2 m Seitenhöhe. Auf den ersten Blick scheint es der in Abb.40 dargestellten böhmischen Stevenzille sehr ähnlich; es unterscheidet sich aber durch den Hintersteven, weil die Zille hinten eine Kaffe hat, und besonders durch die festere Bauart. Wie man sieht, liegen die Wrangen und Spanten viel dichter und außerdem sind mit Ausnahme des Bodens alle Bauteile aus starkem Kiefernholtz hergestellt. Die Duchten sind in Abständen von 3 bis 4 m angeordnet. Hölzerne Spanten werden nicht mehr ausgeführt, weil gewachsene Kniee selten zu billigen Preisen zu haben und die zusammengesetzten, wie bei den Zillen üblich, nicht genügend fest sind. Man verwendet daher Spanten aus Winkeleisen oder Winkelstahl. Diese Schiffe bekommen meistens keine Lehnung, dagegen einen Sprung im Boden. Der Bug wird oft noch völliger gemacht, so daß er bei senkrechtem Steven einem halben Zylinder ähnlich wird. Zuweilen gibt man der unteren Hälfte des Vorstevens eine starke Krümmung und erhält dann unten eine löffelförmige Gestalt des Bugs. Die Formen des Vorschiffs sind also ziemlich mannigfaltig. Im übrigen unterscheidet sich die Raumeinteilung, Steuerruder, Mast und Segel nicht von der vorbeschriebenen Schiffsform. Viele Schiffe werden mit Bretterdeck versehen. Die nach Finowmaß hergestellten Fahrzeuge haben meist eine Tragfähigkeit von 210 bis 235 t bei einer Tauchtiefe von 1,6 m bis 1,8 m. Zuweilen baut man sie neuerdings höher bis zu 2,17 m, wodurch sie eine Tragfähigkeit bis zu 250 t bekommen. Die Lebensdauer ist 15 bis 20 Jahre."

Oskar Teubert, Binnenschiffahrt, Band 1, 1912, S.272ff.